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Rechte der Bewohnerinnen und Bewohner

Patientenverfügung

Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene neue Erwachsenenschutzrecht stärkt in erster Linie das Recht auf Selbstbestimmung und regelt schweizweit die Gültigkeit und Tragweite von Patientenverfügungen.  Die Bewohnerin oder der Bewohner oder ihre/seine gemäss dem neuen Erwachsenenschutzrecht benannte Vertretungsperson entscheidet über die Annahme oder Ablehnung medizinischer Massnahmen, auch am Lebensende. Die Grundvoraussetzung hierfür ist, dass sie/er früh genug, detailliert und nachvollziehbar über ihre/seine medizinische Situation aufgeklärt wurde.

Patientenverfügungen gestatten es jeder handlungsfähigen Person festzulegen, welche medizinischen Massnahmen sie im Fall einer Urteilsunfähigkeit wünscht oder ablehnt. Darüber hinaus kann sie eine Person benennen, die in einem solchen Fall an ihrer Statt Entscheidungen treffen kann (vertretungsberechtigte Person). Für APH empfehlen wir ausdrücklich die Musterverfügung der FMH/SAMW (Kurz- und ausführliche Version).(Curaviva, 2016)

In unserer Institution prüfen wir bei der Aufnahme neuer Bewohnerinnen/Bewohner, ob eine solche Verfügung vorhanden ist. Liegt keine Verfügung vor, empfehlen wir allen urteilsfähigen Bewohnerinnen und Bewohnern, ein solches Dokument zu verfassen.

Advanced Care Planning (ACP)[1]

Unsere Institution verwendet zudem das Advanced Care Planning (ACP) als Hilfsmittel zur Planung, Vorbereitung und Entscheidungsfindung für den Fall der Pflegebedürftigkeit und zur Vermeidung unnötiger Spitaleinweisungen. Ziel des «Advanced Care Planning» (gesundheitliche Vorausplanung) ist es, die Werte und Präferenzen der einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner zu kennen, die ihre Lebensentscheidungen und Pflegewünsche bestimmen. (Bundesamt für Gesundheit, BAG & Palliative ch, 2018) Die entsprechenden Schritte werden in den ersten Wochen nach dem Heimeintritt eingeleitet. Im Allgemeinen sind dazu mehrere Gespräche mit der Bewohnerin oder dem Bewohner und ggf. der Angehörigen erforderlich, die an deren/dessen Situation und Rhythmus angepasst sind. Der Prozess des Advanced Care Planning kann in die Abfassung einer Patientenverfügung und/oder die Benennung einer Vertrauensperson münden. Während das Advanced Care Planning integraler Bestandteil des Pflegeangebots für die Bewohnerinnen und Bewohner sein sollte, ist die Erstellung von Patientenverfügungen ein freiwilliger persönlicher Akt, welcher der Bewohnerin oder dem Bewohner lediglich empfohlen werden kann. Im Zuge des Advanced Care Planning stellen wir sicher, dass ein mit den Werten der Bewohnerin oder des Bewohners übereinstimmender Pflegeplan entwickelt wird, wozu auch das Gespräch und die Entscheidung über mögliche Reanimationsmassnahmen gehören.

Vertrauensperson

Das schweizerische Recht gestattet es Personen, eine therapeutische Vertretung (Vertrauensperson) zu ernennen, die bei Bewusstlosigkeit oder Urteilsunfähigkeit medizinische Entscheidungen trifft. Das Dokument muss von Hand oder maschinell geschrieben, datiert und unterschrieben sein. Die Entscheidungen der Vertrauensperson sind von der Ärzteschaft mit allen damit verbundenen Konsequenzen zu respektieren. Die Vertrauensperson kann jederzeit gewechselt werden. Wenn es keine von der Bewohnerin oder vom Bewohner bezeichnete Vertrauensperson gibt, sieht das Gesetz vor, dass entweder die Ehegattin resp. der Ehegatte oder der/die im gleichen Haushalt lebende eingetragene Partner/-in, andernfalls die Person, die regelmässig und persönlich Beistand leistet, andernfalls die Nachkommen, dann die Eltern oder schliesslich die Geschwister diese Rolle der Vertrauensperson übernehmen. Um als Vertrauensperson in Betracht zu kommen, müssen alle genannten Personen auch regelmässigen persönlichen Beistand leisten. Ein Kind, das keinen regelmässigen Kontakt mehr zu seinen Eltern hat, kommt somit nicht als Vertrauensperson in Frage. (Association droit du patient, 2019)

Bewegungseinschränkende Massnahmen

Demenziell erkrankte Menschen können sich und andere Personen aus verschiedenen Gründen gefährden. Häufige Ursachen dafür sind emotionale Störungen und Verhaltensstörungen, Verwirrtheit und Stürze. In solchen Situationen werden nicht selten bewegungseinschränkende Massnahmen, meist als Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, oder medikamentöse Beruhigungsmassnahmen, z. B. in Form von Sedativa oder Neuroleptika, angewendet. Pflegefachpersonen und Ärztinnen/Ärzte setzen diese Massnahmen ein, um Sicherheit zu gewährleisten, negative Folgen von Verhaltensstörungen zu unterbinden oder um die medizinische Versorgung zu gewährleisten. Interventionen dieser Art können für demenzkranke Menschen aber teilweise schwerwiegende Folgen haben. Bewegungseinschränkende Massnahmen stellen schwere Eingriffe in die Persönlichkeit der Menschen mit demenziellen Erkrankungen dar. Sie dürfen nicht allein deshalb angeordnet werden, weil die betroffene Person die Klinikroutine stört oder weil die Arbeit der Betreuungspersonen erleichtert wird. Wenn immer möglich müssen andere, weniger einschneidende Massnahmen Vorrang haben. Sollten dennoch Bewegungseinschränkende Massnahmen nötig werden, müssen sie nach einem interdisziplinär und interprofessionell durchgeführten Standard beschlossen, eingesetzt, dokumentiert und regelmässig evaluiert werden. Bei bewegungseinschränkenden Massnahmen muss die Vertretungsperson informiert werden. Bei medizinischen Bewegungseinschränkende Massnahmen (Verabreichung von Medikamenten) bedarf es der Zustimmung der Vertretungsperson; vorbehalten bleiben Notfallsituationen und absehbar vorübergehende Kriseninterventionen, wie sie insbesondere bei hospitalisierten Bewohnerinnen und Bewohnern mit Demenz vorkommen können. Die Massnahme muss immer wieder auf ihre Berechtigung hin überprüft werden. (SAMW/ASSM, 2017)

Vorsorgeauftrag

Für den Fall einer Urteilsunfähigkeit sieht das neue Erwachsenenschutzrecht die Möglichkeit der Erstellung eines Vorsorgeauftrags vor. Dieser gibt einer von der Bewohnerin / vom Bewohner benannten Vertrauensperson die Möglichkeit, an ihrer/seiner Statt zu handeln, sofern sie/er urteilsunfähig wird und deshalb ihre/seine bürgerlichen Rechte nicht mehr ausüben kann.

In unserer Institution stehen folgende Dokumente für die Erteilung eines solchen Vorsorgeauftrags zur Verfügung: 

Fürsorgerische Unterbringung

Ist die demenzkranke Person zum Zeitpunkt des Heimeintritts noch urteilsfähig und ist sie mit dem Umzug einverstanden, so kann sie mit der betreffenden Anstalt selbst einen Vertrag abschliessen.

Fehlt es an der Urteilsfähigkeit, so kann der Pflegevertrag grundsätzlich durch die in medizinischen Angelegenheiten vertretungsberechtigten Personen abgeschlossen werden. Eine Platzierung muss aber notwendig, da medizinisch indiziert, proportional zur Schwere der Gefährdung und immer die am wenigsten belastende Alternative sein. Wenn die vertretungsberechtigte Person mit dem Wunsch nach Unterbringung nicht im besten Interesse der Bewohnerin / des Bewohners zu handeln scheint, sollte die KESB kontaktiert werden.

Kann der demenzkranke Mensch, dessen Betreuung und Behandlung im gewohnten häuslichen Umfeld nicht mehr gewährleistet ist, nicht von der Notwendigkeit einer Unterbringung resp. des Verbleibs in einer Institution überzeugt werden, soll die KESB beigezogen werden. Diese kann dann gegebenenfalls eine fürsorgerische Unterbringung (FU) anordnen. (SAMW/ASSM, 2017)

Vorgehen bei Misshandlung

Die Betreuung von Menschen mit Demenz ist oft sehr anspruchsvoll, sodass es leicht zur Überforderung des Umfelds (der Angehörigen, aber auch von professionellen Betreuungspersonen) kommen kann, dem häufigsten Grund einer Misshandlung. (SAMW/ASSM, 2017)

Die Misshandlung von Bewohnern und Bewohnerinnen kann in Form von körperlicher Gewalt (Schlagen, Kneifen, grobe Behandlung, Verabreichen zu heisser Suppe, Einsatz von Zwangsmitteln ohne ärztliche Verschreibung etc.), sexueller Gewalt (Handlungen, welche die sexuelle Integrität und Freiheit einer betagten Person verletzen), psychischer Gewalt (Anschreien, Beschimpfen, Zurückweisen, Erpressen, Respektlosigkeit, Infantilisierung etc.), finanzieller Gewalt (Diebstahl), Vernachlässigung (Vorenthalten von Pflege, Pflegematerial, Medikamenten oder Unterstützung in Alltagsdingen etc.) oder Machtmissbrauch im Allgemeinen erfolgen. Menschen mit Demenz sind besonders verletzlich, weil sie sich kaum verteidigen oder Hilfe suchen können. (Py, Reber, & Russi, 2016)

Die häufigsten Risikofaktoren für das Pflegepersonal sind: Burnout, Zeit- und Leistungsdruck, notgedrungene Berufswahl, mangelhafte Ausbildung sowie Einsatz in einer Abteilung, die nicht den eigenen Präferenzen und Fähigkeiten entspricht. (Py, Reber, Russi, 2016)

Mögliche Misshandlungen durch Pflegefachpersonen sind besonders gravierend. Bei Verdacht sind die zuständige Aufsichtsbehörde und ggf. die Polizei zu informieren.